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Dividendenrisiko bei Optionspositionen

Viele Aktionäre freuen sich über hohe Dividendenausschüttungen, auch wenn es theoretisch ein Nullsummenspiel ist, denn die Aktie wird nach der Ausschüttung „ex Dividende“ gehandelt und der Aktienkurs vermindert sich (theoretisch) um die Höhe der Dividende (Dividendenabschlag). In der Praxis ist bei begehrten Aktien aber oft zu beobachten, dass der Abschlag geringer ausfällt oder sich rasch vermindert, weil durch die Tatsache, dass die Aktie optisch billiger aussieht, vermehrt Käufer angelockt werden. Wir möchten uns aber an dieser Stelle nicht mit dem Pro und Contra des Haltens von Aktienpositionen durch den Dividendenstichtag beschäftigen, sondern mit den Auswirkungen auf gehaltene Optionspositionen.

Fangen wir mit unserer Analyse auf der Putseite an. Die „angenehmste“ Optionsposition ist offensichtlich der Long Put. Wenn ich einen Put besitze, ist es natürlich vorteilhaft, wenn die Aktie nach der Dividende mit einem Abschlag gehandelt wird. Das sollte den Wert meiner Option verteuern. Könnte es eine erfolgreiche Strategie sein, kurz vor dem Ausschüttungstag einen Put zu kaufen und darauf zu setzen, dass der Wert des Puts durch den Dividendenabschlag steigt? Sie ahnen es schon: das funktioniert in der Regel leider nicht. Denn die anderen Marktteilnehmer wissen natürlich genauso gut wie Sie, was mit dem Aktienkurs nach der Ausschüttung passieren wird. Und so erhöht sich der Preis den Puts – beginnend lange vor der eigentlichen Ausschüttung – Tag für Tag um einen fast nicht merkbaren Betrag – die Dividende wird „eingepreist“, wie die Börsianer sagen.

Unmittelbar vor der Dividendenausschüttung ist der Preis des Puts – gemessen am aktuellen Aktienkurs – also eigentlich zu teuer, was eventuell (unwissende) Optionäre dazu verlocken könnte, die vermeintlich teuren Puts wiederum zu verkaufen, also eine short Put Position einzunehmen. Natürlich geht diese Rechnung genauso wenig auf wie die eines Kaufes des Puts unmittelbar vor der Dividende. Denn wie wir wissen, war der Dividendenabschlag bereits in den Put eingepreist.

Fazit für die Putseite: unter perfekten Bedingungen ohne irgendwelche Preisverzerrungen führen Dividendenausschüttungen nicht zu veränderten Preisen der Putoptionen  unmittelbar vor und nach der Ausschüttung. Es sollte demnach sowohl für long Put- als auch short Put-Positionen unschädlich sein, diese durch einen Dividendentermin zu halten.

Etwas komplizierter ist es für die Inhaber und vor allem für Stillhalter von Calls. Der Käufer eines Calls erhält ja – im Gegensatz zum Aktionär – die Dividende nicht, leidet aber natürlich unter dem Dividendenabschlag. Deshalb könnte es für ihn unter Umständen verlockend sein, seinen Call vorzeitig auszuüben, dadurch die Aktie zu erhalten und die Dividende zu kassieren. Überlegen wir, wann das für ihn interessant sein könnte. Wie wir wissen, setzt sich der Optionspreis aus dem inneren Wert und dem Zeitwert zusammen. Bei der Ausübung profitiert der Optionskäufer aber ausschließlich in der Höhe des inneren Wertes, schließlich ist das die Differenz zwischen dem Strikepreis und dem aktuellen Aktienkurs. Der Zeitwert geht dem Optionär also komplett verloren. Deshalb macht es für ihn wirtschaftlich nur dann Sinn, eine Option vorzeitig auszuüben, wenn diese keinen oder nur noch einen sehr geringen Zeitwert enthält. Fragen wir uns nun, für welche Optionen das typischerweise zutrifft: das sind Optionen, die sehr tief „im Geld“ sind, bei denen also (auf der Call-Seite) der Strikepreis sehr weit unter dem aktuellen Aktienkurs ist. Diese Optionen bestehen in der Regel nur noch aus inneren Wert, sie sind auch leicht anhand ihres Deltas zu identifizieren. Das liegt nämlich nahe 100. Somit gibt der Inhaber eines solchen Calls bei der vorzeitigen Ausübung kaum etwas auf und kann danach von der  ividende profitieren.

Der Verkäufer eines solchen Calls ist also dem Risiko einer vorzeitigen Ausübung ausgesetzt und das erfordert schon etwas Nachdenken, was dann eigentlich passiert. Zunächst einmal führt das natürlich zu einer eventuell nicht gewünschten Position, er ist jetzt nämlich nicht mehr short den Call sondern short die Aktie. Außerdem ist er dadurch verpflichtet, die Dividende an den Verleiher der Aktie zu bezahlen! Zwar sollte er dafür ja durch den Dividendenabschlag entschädigt werden, aber wie bereits oben geschrieben, kann dieser tatsächlich geringer (oder auch höher) ausfallen als die Dividende. Dennoch: durch die Andienung an sich erleidet auch der Stillhalter eines Calls keine „automatischen“ Verluste, so dass ein solches Szenario keine Katastrophe darstellt. Man sollte sich als Stillhalter jedoch rechtzeitig vor der Dividende überlegen, wie man mit dem Ausübungsrisiko umgeht. Um es gänzlich zu vermeiden, wäre die Glattstellung des betroffenen Calls die einzige Möglichkeit, ansonsten kann man es in Kauf nehmen und abwarten, was passiert. Denn nicht
jeder Call, der tief im Geld ist, wird auch ausgeübt. Der Inhaber des Calls kann eventuell gar kein Interesse an der Aktie haben, vielleicht scheut er das (unbegrenzte) Verlustrisiko einer Aktienposition oder den höheren Kapitaleinsatz im Vergleich zu seiner Optionsposition. Und natürlich muss er abwägen, ob die anstehende Dividende ausreicht, um eventuelle Transaktionskosten und den Verlust des Zeitwertes zu kompensieren.

Kunden von Interactive Brokers erhalten, je nach Voreinstellung, automatisch eine Nachricht per email, wenn bei einer ihrer Basiswerte eine Dividendenzahlung ansteht. Dort steht auch drin, ob eine Ausübung der gehaltenen Optionen – gleiche Marktbedingungen vorausgesetzt – Sinn machen wird oder nicht. Beziehungsweise für Stillhalter, ob die Ausübung durch die Gegenseite zu erwarten ist. Dies kann als erste Handreiche dienen, wenn auch sicher nicht die eigene Entscheidung ersetzen.

Ein Stillhalter sollte sich aber in jedem Fall überlegen, wie er reagiert, falls es zu einer vorzeitigen Ausübung kommt. Wer die short Position in der Aktie nicht dauerhaft haben möchte, kann die Aktie natürlich sofort  glattstellen und wieder eine neue Option verkaufen. Das verursacht natürlich Transaktionskosten und gegebenenfalls Slippage. Dessen sollte er sich also bewusst sein, wenn er sich entscheidet, eine den short Call, der tief im Geld ist, durch einen Dividendentermin zu halten.

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